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Es ist eine wichtige Aufgabe für Eltern, Lehrer und Psychotherapeuten, junge Menschen nach Gewalttaten oder Katastophen vor emotionalen Störungen zu schützen bzw. ihnen zu helfen, bereits eingetretene emotionale Störungen zu bearbeiten.
In den USA haben sich das National Institut of Mental Health (NIMH) und andere staatliche Insitutionen das Ziel gesetzt, der Öffentlichkeit vor Augen zu führen, wie wichtig es ist, sich um Kinder und Jugendliche zu kümmern, die Opfer oder Zeugen von Gewalt oder Katastrophen wurden. Auch in Deutschland gibt es verschiedene Organisationen, die sich mit diesem Thema befassen. (Einige von ihnen können Sie über die Links erreichen.)


Diese Information gibt Ihnen Auskunft darüber,
- wie sich Gewalt und Katastrophen auf Kinder und Jugendliche auswirken und
- welche Maßnahmen geeignet sind, emotionale Störungen so weit wie möglich zu vermeiden.

Die Terroranschläge von New York und Washington, die Eisenbahnunglücke von Eschede und Brühl, der Flugzeugabsturz bei Überlingen und die Greueltat des Amokschützen in Erfurt sind Beispiele für extreme Ereignisse, welche die betroffenen Erwachsenen und Kinder seelisch stark belasten.
Diese und einige andere Geschehen erlangten die Aufmerksamkeit des ganzes Landes bzw. der ganzen Welt. Sie stellen jedoch nur einen kleinen Bruchteil der vielen Tragödien dar an denen Kinder beteiligt sind.
Jahr für Jahr erfahren Kinder schwere seelische Verletzungen durch

  • Gewalt (in und außerhalb der Familie), den
  • Verlust von Freunden oder Familienmitgliedern, sowie
  • als Zeugen von Gewalt oder Katastrophen.


Keine Situation gleicht der anderen: Ob es sich um einen Flugzeugabsturz handelt, bei dem viele Menschen getötet werden, Autounfälle, an denen fremde Menschen oder Familienmitglieder beteiligt sind, oder Naturereignisse wie Erdbeben und Flutkatastrophen, bei denen Menschen ihr Hab und Gut verlieren oder ums Leben kommen. Trotz aller Unterschiede zeigen diese Ereignisse auch Gemeinsamkeiten und verursachen ganz ähnliche Reaktionen bei Kindern.
Auch das Miterleben von Gewalt zu Hause oder auf der Straße, kann zu emotionalen Störungen führen, selbst wenn für den Betreffenden keine Gefahr bestand.

Aus Untersuchungen ist bekannt, daß Erwachse und Kinder, die Katastrophen erlebten, ein breites Spektrum von Reaktionen zeigen. Einige sind nur beunruhigt und haben schlimme Erinnerungen, die im Laufe der Zeit bei guter emotionaler Unterstützung verblassen. Andere leiden stärker und entwickeln dauerhafte Störungen.
Untersuchungen über die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zeigten, daß ein Teil der Soldaten nach einem Kriegseinsatz, Opfer von Verbrechen, Folter oder anderer Gewalt, sowie Überlebende von Naturkatastrophen oder Terroranschlägen teilweise auf Grund ihrer Erlebnisse unter Langzeitfolgen leiden.
Kinder, die Gewalt in ihrer Familie, in der Schule oder am Wohnort erlebt haben, laufen ebenfalls Gefahr, schwere und dauerhafte Störungen zu entwickeln.


Eine emotionale Reaktion (Angst, Depression, Rückzug oder Wut) kann unmittelbar nach dem tragischen Ereignis auftreten oder auch erst einige Zeit später.
Kinder, die Katastrophen miterlebt haben, brauchen eine hilfreiche Unterstützung durch Eltern und Lehrer, um dauerhafte emotionale Störungen zu vermeiden. Die meisten von ihnen erholen sich dann innerhalb kurzer Zeit. Einige entwickeln jedoch eine PTBS oder andere anhaltende Störungen und müssen fachkundig behandelt werden.

 



Trauma ist sowohl ein medizinischer, als auch ein psychologischer Begriff. Medizinisch bedeutet Trauma eine größere körperliche Verletzung oder Wunde. Aus psychologischer Sicht hat Trauma eine andere Bedeutung und bezieht sich auf Erlebnisse, die emotional schmerzhaft, belastend und schockierend sind und häufig anhaltende seelische und körperliche Auswirkungen zur Folge haben. Um die Begriffe nicht zu verwechseln, wird diese Art von Trauma in Deutschland im Allgemeinen als Psychotrauma bezeichnet.
Ein Psychotrauma oder eine emotionale Verletzung ist eine normale Reaktion auf ein extremes Ereignis. Die Erinnerungen an das belastende Ereignis sind mit starken Emotionen verbunden und in der Struktur des Gehirns gespeichert.
Allgemein wird angenommen, daß das Risiko einer emotionalen Störung umso größer ist, je direkter das traumatische Ereignis erlebt wurde. Das bedeutet, daß bei einer Schießerei in einer Schule, ein Schüler der verletzt wurde, voraussichtlich am stärksten emotional belastet ist; ein Schüler, der gesehen hat, wie ein Klassenkamerad durch einen Schuß verletzt oder sogar getötet wurde, wird seinerseits stärker emotional belastet sein als ein Schüler, der sich während der Gewalttat in einem anderen Teil des Gebäudes aufhielt. Aber auch Gewalterfahrung aus zweiter Hand kann dramatische Folgen zeigen.
Aus diesem Grund sollte man bei allen Kindern und Jugendlichen, die Gewalt und Katastrophen miterlebt haben - sei es auch nur durch Fernsehberichte - auf Anzeichen einer emotionalen Belastung achten.

 


Reaktionen auf ein Trauma können unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis, Tage danach und sogar erst Wochen später auftreten. Schwindendes Vertrauen in Erwachsene und die Angst, daß dasselbe Ereignis noch einmal passieren könnte, sind Folgen, die bei vielen Kindern und Erwachsenen nach einem traumatischen Erlebnis beobachtet werden. Andere Reaktionen hängen vom Alter ab.

Zu den typischen Reaktionen bei Kindern unter 5 Jahren gehören die Angst, von den Eltern getrennt zu werden, Schreien, Wimmern, Erstarrung und/oder ungezielter Bewegungsdrang, Zittern, ängstlicher Gesichtsausdruck und extremes Anklammerungsbedürfnis.
Die Eltern beobachten möglicherweise auch ein Zurückfallen in frühere Verhaltensmuster (regressives Verhalten) wie Daumenlutschen, Bettnässen und Angst vor Dunkelheit. Kinder dieser Altersgruppe werden sehr stark davon beeinflußt, wie ihre Eltern auf das traumatische Ereignis reagieren.

Kinder zwischen 6 und 11 Jahren können sich extrem zurückziehen und Kontakte abbrechen und/oder unfähig sein, aufzupassen und sich zu konzentrieren. Regressives Verhalten, Alpträume, Schlafprobleme, irrationale Ängste, Reizbarkeit, Schulverweigerung, Wutausbrüche und Prügeleien sind bei traumatisierten Kindern dieses Alters häufig zu beobachten. Das Kind kann auch über Magenschmerzen oder andere körperliche Beschwerden klagen, für die sich keine medizinische Ursache finden läßt. Die Mitarbeit in der Schule und die Schularbeiten leiden darunter. Häufig kommt es auch zu einer Depression, zu Ängsten, Schuldgefühlen und emotionaler Taubheit bzw. zur Abflachung der Gefühle.


Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren können Reaktionen zeigen, die denen der Erwachsenen ähnlich sind: Flashbacks (plötzlich einschießendes Wiedererleben des traumatischen Geschehens), Albträume, emotionale Abstumpfung, Vermeidung von allem was an das traumatische Erlebnis erinnert, Depression, Drogenmißbrauch, Probleme mit Gleichaltrigen und antisoziales Verhalten. Ebenfalls häufig sind Rückzug und Isolation, körperliche Beschwerden, Gedanken an Suizid, Schulverweigerung, Nachlassen der Schulleistungen, Schlafstörungen und das Gefühl, keine Zukunft mehr zu haben.

Ein Jugendlicher kann schwere Schuldgefühle entwickeln, weil er meint, er habe die Verletzung oder den Tod anderer verhindern müssen. Auch kann er Rachephantasien (z.B. gegen den Täter) hegen, die ebenfalls die Erholung vom Trauma beeinträchtigen.

Manche Kinder oder Jugendlichen sind leichter als andere durch ein Trauma verletzbar. Welche Gründe dafür verantwortlich sind, ist wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt. Bekannt ist nur, daß die Folgen eines traumatischen Geschehens bei denjenigen Kindern oder Jugendlichen am stärksten ausgeprägt sind, die zuvor schon Opfer eines Mißbrauchs oder eines anderen Traumas wurden oder schon vorher unter einer seelischen Erkrankung litten. Mangelnde familiäre Geborgenheit und Unterstützung sind ebenfalls ein Risikofaktor.

 


Es kommt entscheidend darauf an, Kindern und Erwachsenen, die ein Trauma infolge einer Gewalttat oder einer Katastrophe erlitten haben frühzeitig zu helfen. Eltern, Lehrer und Angehörige psychotherapeutischer Berufe können entscheidend zur Erholung der Kinder beitragen. Die Hilfe sollte direkt am Ort des traumatischen Geschehens beginnen. Das National Center for Post-Traumatic Stress Disorder des Department of Vetreans Affairs empfiehlt den Helfern bei einer Katastrophe folgendermaßen vorzugehen:

  • Finden Sie Wege, um die Kinder vor weiterem Schaden und weiterer Traumatisierung zu schützen. Schaffen Sie nach Möglichkeit einen sicheren Ort für die Kinder. Schützen Sie die Kinder vor Schaulustigen und den Medien. Führen Sie - falls es möglich ist - die Kinder, die gehen können, aus der Gefahrenzone, weg vom Ort der Gewalt oder Zerstörung und von schwerverletzten Überlebenden. Die Anweisungen sollten freundlich aber bestimmt gegeben werden.
  • Bleiben Sie bei den Kindern, die in einem akuten Distress sind, bis sie sich etwas stabilisiert haben. Akuter Distress bedeutet Panik, Zittern, Unruhe, Abschweifen im Gespräch, Verstummen, unberechenbares Verhalten und Verzweiflung (Zeichen dafür sind lautes Schreien, Wut oder Erstarrung).
  • Verständigen Sie sich mit dem Kind in einer fürsorglichen und mitfühlenden Weise, entweder verbal oder nonverbal (z.B. durch eine Umarmung, falls es angemessen ist), damit es sich sicherer fühlt. Auch wenn es sich nur um eine kleine Geste handelt, ist diese Form der Unterstützung für Kinder wichtig.

 


Nach Gewalt oder Katastrophen kommt die beste Hilfe in erster Linie aus der eigenen Familie. Zu den Dingen, die die Eltern oder andere Bezugspersonen tun können, gehören:

  • Das Ereignis so gut Sie es können zu erklären.
  • Die Kinder zu ermutigen, Ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen und ohne Vorurteile wahrzunehmen. Helfen Sie kleineren Kindern, Worte für ihre Gefühle zu finden; erzwingen Sie jedoch kein Gespräch über das traumatische Ereignis.
  • Versichern Sie Kindern und Heranwachsenden, daß es völlig normal ist, die Fassung zu verlieren, wenn man etwas Schlimmes erlebt hat.
  • Geben Sie den Kindern Zeit, ihre Gefühle wahrzunehmen und darüber zu sprechen. Zu Hause kann eine allmähliche Rückkehr zur Alltagsroutine dem Kind Sicherheit vermitteln.
  • Wenn Ihre Kinder Angst haben, versichern Sie ihnen, daß Sie sie lieben und für sie sorgen werden. Bleiben Sie als ganze Familie so lange wie möglich zusammen.
  • Wenn das Zubettgehen Probleme bereitet, geben Sie dem Kind mehr Zeit und beruhigen Sie es. Erlauben Sie ihm für eine begrenzte Zeit bei Licht in Ihrem Zimmer zu schlafen.
  • Versichern Sie Kindern und Jugendlichen, daß sie an dem traumatischen Geschen nicht schuld sind.
  • Tadeln Sie Ihr Kind nicht, wenn es ein Verhalten zeigt, das Jüngeren entspricht und beschämen Sie es nicht mit der Bemerkung, daß es sich wie ein Baby verhalte.
  • Erlauben Sie Kindern zu schreien oder traurig zu sein. Erwarten Sie nicht von ihnen, daß sie die Zähne zusammenbeißen.
  • Ermöglichen Sie Kindern und Jugendlichen, zu spüren, daß sie alltägliche Dinge selbst beeinflussen können. Lassen Sie sie entscheiden was sie essen und was sie anziehen möchten etc.
  • Sorgen Sie gut für sich selbst; nur dann können Sie auch für Ihre Kinder sorgen.

 


Wenn Gewalt oder Katastrophen eine ganze Schule oder Gemeinde betreffen, kann den Lehrern oder der Schulbehörde eine wichtige Rolle für den Heilungsprozeß zukommen.
Einiges von dem was Erzieher tun können:

  • Falls möglich, nehmen Sie sich kurz Zeit, um sich einen Überblick über das Ereignis zu verschaffen, bevor Sie versuchen, die Kinder zu beruhigen. Das ist wahrscheinlich nicht möglich, wenn eine Gewalttat an der Schule passiert, aber bei Naturkatastrophen dauert es mehrere Tage bis die Schulen wieder öffnen, wodurch der Lehrer Zeit hat, sich selbst emotional darauf einzustellen.
  • Versuchen Sie nicht, zu schnell zur Schulroutine zurückzukehren. Geben Sie den Kindern und Heranwachsenden die Zeit, über das traumatische Ereignis zu sprechen und Ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
  • Nehmen Sie Rücksicht auf einzelne Kinder, die in der Klasse nicht an einem Gespräch über das traumatische Erlebnis teilnehmen wollen. Erzwingen Sie kein Gespräch und kommen Sie nicht immer wieder auf die Katastrophe zurück. Dies kann Kinder retraumatisieren.
  • Sprechen Sie im Klassenverband und in kleineren Schülergruppen oder mit einzelnen Schülern. Dies sind gute Möglichkeiten, den Schülern klarzumachen, daß ihre Angst und Verwirrung normale Reaktionen sind.

Viele Bezirke und Schuldistrikte in den USA haben Teams, die nach einer Katastrophe oder Gewaltverbrechen in Schulen gehen und solche Veranstaltungen organisieren. (Auch in Deutschland steht professionelle Hilfe innerhalb kurzer Zeit zur Verfügung.) Ziehen Sie möglichst einen in Traumatherapie erfahrenen Psychotherapeuten/Psychotherapeutin hinzu.

  • Bieten Sie in der Schule Kunst- und Spieltherapie an.
  • Achten Sie auf kulturelle Unterschiede zwischen den Kindern. In einigen Kulturen ist es beispielsweise nicht denkbar, negativen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Ein Kind, das dem Lehrer nicht in die Augen schauen kann, muß nicht zwangsläufig depressiv sein; möglicherweise entspricht das Verhalten der jeweiligen Kultur.
  • Helfen Sie den Kindern, Fähigkeiten zur Bewältigung des Traumas, zur Lösung von Problemen und zum altersgerechten Umgang mit der Angst zu entwickeln.
  • Laden Sie die Eltern ein, um mit ihnen über das traumatische Ereignis, die Reaktionen der Kinder und über Wege, wie die Eltern und Sie selbst helfen können, zu sprechen. Beziehen Sie in dieses Gespräch nach Möglichkeit einen Psychotherapeuten/eine Psychotherapeutin mit ein.

 


Die meisten Kinder und Heranwachsenden erholen sich innerhalb weniger Wochen fast vollständig von ihrer durch das Trauma hervorgerufenen Angst, wenn sie in der beschriebenen Weise unterstützt werden. Möglicherweise werden aber einige Kinder und Heranwachsende zur Heilung mehr Hilfe über einen längeren Zeitraum benötigen. Die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen, Lehrers, Freundes oder Kameraden kann Monate dauern, bis sie sich auflöst und kann durch Berichte in den Medien, den Geburtstag oder den Todestag wieder wachgerufen werden.

Unmittelbar nach einem Trauma und in den darauffolgenden Wochen kommt es darauf an, zu erkennen, welche Kinder eine intensive Unterstützung und Therapie wegen ihrer tiefen Verzweiflung oder anderer extremer Emotionen brauchen.

Kinder und Jugendliche, die Vermeidungsverhalten (die Weigerung, an Orte zu gehen, die an den Ort des traumatischen Ereignisses erinnern) und emotionale Abflachung (eine verminderte emotionale Reaktion oder Fehlen von Gefühlen in Bezug auf das Ereignis) zeigen, benötigen psychotherapeutische Hilfe.
Kinder mit häufig auftretenden Reaktionen, wie plötzliches Wiedererleben des Traumas, Alpträume und störenden Wiedererinnerungen während des Tages, Hyperarousal (innere Alarmbereitschaft) einschließlich Schlafstörungen und der Neigung, sich schnell aufzuregen, sprechen möglicherweise gut auf fürsorgliche Unterstützung und Beruhigung durch ihre Eltern und Lehrer an.
(Im Zweifelsfall sollten Sie nicht zögern, sich von einem Therapeuten/Therapeutin mit Spezialkenntnissen in Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen beraten zu lassen.)

 


Wie schon erwähnt, zeigen einige Kinder und Jugendliche nach einem traumatischen Ereignis länger bestehende Störungen, die - ebenso wie Depression und länger anhaltende Trauerreaktion- chronisch werden können. Eine andere schwerwiegende und möglicherweise lang anhaltende Störung ist die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Sie liegt vor, wenn folgende Symptome länger als einen Monat bestehen:

  • Wiedererleben des Ereignisses im Spiel oder traumaspezifische Albträume oder Flashbacks (Nachhallerinnerungen) oder Distress durch Ereignisse, die dem Trauma ähneln oder es symbolisieren.
  • Dauerhaftes Vermeiden von Orten oder Situationen, die an das Ereignis erinnern oder Teilnahmslosigkeit (z.B. Abnahme der Interessen, oder das Gefühl als habe man keine Zukunft mehr).
  • Stärkere Schlafstörungen, Reizbarkeit, vermindertes Konzentrationsvermögen, Schreck- haftigkeit und regressives Verhalten.


Der Anteil der Kinder und Erwachsenen, die nach Gewalttaten oder Katastrophen eine
PTBS entwickeln, variiert beträchtlich. Beispielsweise reichen die Schätzungen von 2% bei einer Naturkatastrophe (Tornado), 28 % nach einem Terrorakt (Massenschießerei) und 29% nach einem Flugzeugabsturz. Die Erkrankung kann Wochen oder Monate nach dem traumatischen Ereignis auftreten. Eine PTBS kann sich in einzelnen Fällen ohne Behandlung von allein auflösen, doch ist üblicherweise eine Psychotherapie erforderlich. Glücklicherweise entwickeln manche traumatisierten Personen nur einzelne Symptome der PTBS und nicht das volle Krankheitsbild. Wie oben erwähnt, unterscheiden sich die Menschen in ihrer Anfälligkeit für PTBS, so daß die einen sie eher entwickeln als die anderen. Die Ursache für diese Unterschiede ist bis heute nicht bekannt. Wissenschaftler haben aber Faktoren gefunden, die das Risiko einer PTBS vergrößern. Zu diesen Faktoren gehören:

  • Besonderheiten der Traumaexposition (Nähe zum Geschehn, Schwere und Dauer),
  • Besonderheiten des Individuums (z.B. frühere Traumen, Familiengeschichte, frühere psychische Erkrankungen, das Geschlecht (Frauen tragen das höchste Risiko in Bezug auf körperliche Gewaltandrohung) und posttraumatische Faktoren (z.B. soziale Unterstützung, das Auftreten von Vermeidung, Abflachung der Gefühle, Hyperarousal und das Symptom des Wiedererlebens).

Untersuchungen zeigen, daß eine PTBS eine ganze Reihe von Vorgängen im Gehirn verändert. Es wurden bei dieser Erkrankung abnorme Mengen von chemischen Substanzen im Gehirn gefunden, die das Bewältigungsverhalten, das Lernen und das Gedächtnis beeinflussen. Darüber hinaus haben neuere Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren gezeigt, daß sich bei einer PTBS der Gehirnstoffwechsel, die Blutzirkulation im Gehirn und die Struktur des Gehirns verändern.

 


Menschen mit
PTBS werden mit speziellen Psychotherapieverfahren, gelegentlich mit Medikamenten oder mit einer Kombination aus beidem behandelt.
Ein psychotherapeutisches Verfahren, das sich als wirksam erwiesen hat, ist die kognitive Verhaltenstherapie (Kognitive Behavioural Therapie CBT).

Bei der CBT lernt der Patient, wie er die Angst und Depression und das störende Verhalten (Vermeidung von Dingen, die an das traumatische Ereignis erinnern) überwinden kann. Der Therapeut hilft dem Patienten Überzeugungen, die seine Heilung stören, zu überprüfen und neu zu beurteilen, wie z.B. die Vorstellung, daß das traumatische Ereignis sich noch einmal ereignen wird. Kinder, die eine CBT mitmachen, werden angehalten, nicht alles als drohende Kastrophe anzusehen. So wird ihnen zum Beispiel versichert, daß dunkle Wolken nicht notwendigerweise einen neuen Hurrikan bedeuten, und die Tatsache, daß jemand wütend ist, nicht notwendigerweise heißt, daß erneut eine Schießerei losgeht etc..
Spieltherapie und Gestaltungstherapie können jüngeren Kindern helfen, sich in größerer Sicherheit an das traumatische Ereignis zu erinnern und ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Weitere Formen der Psychotherapie, die für Menschen mit einer
PTBS in Frage kommen, sind Gruppen- und Expositionstherapie. Eine angemessene Zeitspanne zur Behandlung einer PTBS sind 6-12 Wochen, mit gelegentlichen Folgesitzungen. Die Behandlung kann aber auch länger dauern und hängt von den jeweiligen Umständen des Patienten ab. Die Forschung hat gezeigt, daß die Unterstützung durch die Familie und Freunde einen wichtigen Bestandteil der Genesung darstellt.


Anmerkung des Übersetzers:
Die weltweit am besten wissenschaftlich untersuchte Methode in der Therapie von Psychotraumen ist EMDR (Eye Movement Desensitisation and Reprocessing). Sie ist bei Kindern in der Regel noch besser wirksam als bei Erwachsenen und kann im Rahmen einer Psychotherapie nach einem Trauma eingesetzt werden. Allerdings gibt es in Deutschland erst wenige Therapeuten, die mit dieser Methode Erfahrung bei Kindern und Jugendlichen haben.


Es gibt zahlreiche Untersuchungen über den Einsatz von Medikamenten bei Erwachsenen mit einer
PTBS, sowie Studien darüber, wie emotional belastende Erinnerungen gespeichert werden und wie Medikamente sie blockieren können. Medikamente scheinen die überwältigenden Symptome des Arousal (Schlafstörungen und übertriebene Schreckreaktionen), intrusive Gedanken und Vermeidungsverhalten zu vermindern; sie können auch eine belgleitende Depression oder Panikattacken lindern und die mangelnde Impulskontrolle und damit verbundene Verhaltensstörungen verbessern. Untersuchungen zur medikamentösen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit PTBS wurden erst vor kurzem begonnen.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß Trauma-fokussierte Psychotherapie und eine spezifische pharmakologische Behandlung die Symptome einer
PTBS wirksam lindern und eine begleitend auftretende Depression günstig beeinflussen können. Die medikamentöse Behandlung muß jedoch noch weiter erforscht werden.


Ein Psychotherapeut mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Psychotraumatologie im Kindes- und Jugendalter kann am besten bei einer
PTBS helfen. Die unter "Links" genannten Organisationen sind Ihnen behilflich, einen solchen Spezialisten in ihrer Nähe zu finden.

Das National Institut of Mental Health, das zum National Institut of Health gehört, fördert die Erforschung der Vorgänge im Gehirn bei einem breiten Spektrum von seelischen Störungen, einschließlich PTBS und verwandter Erkrankungen. Das Department of Veterans Affairs führt Untersuchungen auf diesem Gebiet mit Erwachsenen und deren Familienangehörigen durch.



  • Einige Studien zeigen, daß Gespräche mit den Kindern kurz nach der Katastrophe die Symptome einer PTBS vermindern können.
  • Eine Studie mit Trauma-fokussierter Psychotherapie in der frühen Adoleszenz, die ein Erdbeben miterlebt hatten, zeigt, daß Kurzpsychotherapie die Symptome einer PTBS wirksam lindern kann und die Verschlimmerung einer begleitend auftretenden Depression verhindert.
  • Das Verhalten der Eltern auf ein Gewalterlebnis oder eine Katastrophe beeinflußt in hohem Maße die Erholung der Kinder. Dies gilt vor allem für Mütter jüngerer Kinder.
  • Wenn die Mutter deprimiert oder sehr ängstlich ist, braucht sie emotionale Unterstützung oder Beratung, um ihrem Kind zu helfen.
  • Über einen längeren Zeitraum erfahrene Gewalt in der Familie, aber auch ein kurzzeitiges Ereignis wie ein Angriff durch einen Hund können eine PTBS bei Kindern auslösen.
  • Öffentliche Gewalt kann eine tiefgreifende Wirkung auf Lehrer und Schüler haben. Eine Studie an Lehrern von Head Start, die die Krawalle von 1992 miterlebten, zeigte, daß 7% schwere posttraumatische Streßsymptome und 29 % leichtere Symptome aufwiesen. Auch die Kinder wurden durch die Gewalt und Angst um sie herum akut beeinflußt. Sie waren aggressiver und lauter und gehorchten schlechter oder kamen schwieriger miteinander aus.
  • Untersuchungen haben gezeigt, daß eine PTBS nach verschiedenen traumatischen Ereignissen (familiäre Gewalt, Kindesmißbrauch, Katastrophen und öffentliche Gewalt) häufig von Depressionen begleitet wird. Eine Depression muß gemeinsam mit der PTBS behandelt werden, wobei eine frühzeitige Therapie am besten ist.
  • Kinder, die im Stadtkern wohnen, erleben Gewalt am häufigsten. Eine Studie an Jungen aus dem Zentrum von Chicago zeigte, daß 68% schon miterlebt hatten, wie jemand zusammengeschlagen wurde; 22,5% hatten gesehen wie jemand angeschossen oder getötet wurde.
  • Kinder und Jugendliche, die öffentliche Gewalt miterlebt haben, entwickeln im Verlauf des darauffolgenden Jahres häufig aggressives Verhalten oder eine Depression.

 

  • Immer wiederkehrende Gedanken an das Ereignis
  • Inneres Wiedererleben des Traumas mit allen belastenden Empfindungen
  • Rückblenden
  • Schlafstörungen: Angst vor Dunkelheit, Angst allein zu schlafen, Albträume
  • Trennungsangst (Angst, den Eltern könnte etwas passieren; Schlafen im Bett der Eltern)
  • Wut, Reizbarkeit, aggressives Verhalten, antisoziales Verhalten
  • Hyperarousal (innere Erregung), Schreckhaftigkeit, ständige Erwartung von Gefahren
  • Konzentrationsstörungen; Aufmerksamkeitsstörungen; Schwierigkeiten, etwas im Gedächtnis zu behalten, Lernschwierigkeiten
  • Stehenbleiben der Entwicklung bei kleineren Kindern
  • Rückfall in Verhaltensweisen früherer Altersstufen (Regression): Daumenlutschen; Bettnässen, babyhaftes Verhalten (bei jüngeren Kindern)
  • Hoffnungslosigkeit; Gefühl, keine Zukunft mehr zu haben; Pessimismus; Verlust von Zukunftsplänen.
  • Teilnahmslosigkeit; Rückzug von Freunden oder auch von der Familie; emotionale Abstumpfung bzw. Abflachung der Gefühle; Verlust von Interessen
  • Vermeidungsverhalten (Vermeidung von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die an das Trauma erinnern könnten; Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen)
  • Schuldgefühle (Gefühl, schuldig zu sein, weil man überlebt hat; Schuldgefühle wegen der Vorstellung, man hätte etwas verhindern oder jemanden retten können)
  • Depression, Suizidgedanken
  • Panikattacken (Jugendliche)

Die Symptome können Tage, Wochen, Monate und gelegentlich sogar erst Jahre nach dem traumatischen Ereignis auftreten.

 

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